San Francisco ist mit seiner strahlend blauen Bucht, den viktorianischen Häusern und den bunten Straßenbahnen ohne Zweifel eine der schönsten Städte in den USA. Geschichte hautnah erlebt man hier auf der Gefängnisinsel Alcatraz in der Bucht der kalifornischen Metropole.
Eine Gruppe von Skatern rollt auf der belebten Hafenpromenade Richtung Pier. Der Geruch von Cannabis liegt in der Luft und zieht sanft an mir vorbei: Am Pier 39 geht's eher unbeschwert zu. Es wimmelt von Menschen, die Restaurants sind voll. Touristen und Einheimische bummeln die vielen Shops entlang. Gegenüber von den holzverkleideten Geschäften mit ihren bunten Schildern und Aufdrucken liegt die Alcatraz-Insel inmitten der blauen Bucht. Einige Schaumkronen glitzern auf dem Wasser, das Meer kräuselt sich stellenweise. Willkommen in San Francisco.
Am Pier 39 herrscht auf gute Art Jahrmarkt-Atmosphäre. Überall lockt der Duft von Zuckerwatte und Ice-Creme. Forrest wartet auf einer Bank neben seiner Pralinenschachtel.
San Francisco könnte die bunte, utopisch schöne Schokoladenfabrik mit Überraschungen an jeder Ecke sein. Zu der Stadt gehört aber auch ein düsteres Gesicht: Drogen, besonders Heroin, sind in San Francisco ein großes Problem. Da ich am Ende meiner Weltreise bin – und ein Budget an diesem Punkt einfach nicht mehr existiert – lebe ich in einem Hostel in Tenderloin, einem der berüchtigtsten Viertel in San Francisco. Hier regiert leider nicht die klassische Schönheit wie im Rest der Stadt, sondern die Drogen. Das rückt aber schnell in den Hintergrund, sobald ich die „schwierigen“ Viertel verlasse und in Richtung Touristenattraktionen aufbreche. San Francisco hat nun mal zwei Gesichter.
Pier 39 hingegen ist das Sinnbild für San Franciscos positive Ausstrahlung. Hier herrscht das sorglose kalifornische Flair – auch ich komme nochmal so richtig in Urlaubsstimmung. Dafür sorgen vor allem die massigen Seerobben auf den Holzstegen, die ihre Köpfe zusammenstecken, bellen und durch das Wasser plantschen.
Gegenüber von der Touristenmeile liegt die Insel Alcatraz. Nur ein paar Meter vom Pier 3 legt die Fähre Richtung Gefängnisinsel ab. „Sind sie sicher, dass Sie da hinwollen?“, hatte ein redseliger Taxifahrer mehr als skeptisch gefragt. „Mir wäre das zu unheimlich. Es spukt da.“
Alcatraz ist nicht ohne Grund eine der berüchtigtsten Gefängnisinseln weltweit. Unzählige Geschichten ranken sich um die kleine Insel, auf der unter Al Capone und andere Gangster aus der Prohibitionszeit weilten. Heute sind die alten Gefängnistürme und -mauern stellenweise verwittert und überwachsen. Ein paar Enten wackeln gackern an den Touristen vorbei, die sich den Hang hinaufarbeiten: Alcatraz ist heute in erster Linie eine beliebte Brutstätte für Vögel.
Ein Audioguide erzählt mir mehr über die Geschichte von Alcatraz und seinen Insassen. Enge, teils verrostete Gefängniszellen stapeln sich entlang des Gefängniskorridors. Ohne den Clint-Eastwood-Film hätte ich vermutlich nicht viel über Alcatraz gehört: Vor Ort zu sein und die Geschichte der Gefängnisinsel direkt vor Augen zu haben, ist natürlich nochmal eine ganz andere Nummer.
Das Leben für die Gefangenen von Alcatraz war bekanntermaßen besonders bitter. Sie hatten die Skyline San Franciscos mit ihren Lichtern direkt vor der Nase. Die Freiheit schien zum Greifen nah und durch die Strömung doch unerreichbar. Nicht nur die Stadt, auch auch die Golden Gate sieht man von Alcatraz.
Am nächsten Tag wartet sie auf mich, die Königin der Hängebrücken. Heute thront sie bei Sonnenschein über der Bucht von San Francisco. En roter Farbklecks zwischen viel strahlendem Blau und lila Lupinen.
Danach schlendere ich durch den Golden Gate Park und bestaune den wunderschönen Japanischen Garten. San Francisco wirkt wie eine Dame, die sich besonders herausgeputzt hat. Die Sehenswürdigkeiten sind alle perfekt, hübsch und pittoresk: Allen voran natürlich die viktorianischen Häuser am Alamo Square.
Sie werden tatsächlich „Painted Ladies“ genannt und reihen sich adrett vor den modernen Edelstahlfassaden von San Franciscos Wolkenkratzern auf. Ihre detailreich verzierten Türme wirken wie Schleifen auf einer aufwendig verzierten Geschenkverpackung.
Auch die bimmelnden Straßenbahnen, die sich die steilen und windigen Straßen von San Francisco heraufkämpfen, könnten einfach nicht hübscher sein – genau wie die Grace Cathedral, die einen mal eben nach Paris versetzt. Und nur ein paar Minuten davon entfernt wartet in Chinatown die Glückskeks-Fabrik, in der man sich individuelle Glückskekse anfertigen lassen kann. Ein paar Meter spielen ältere Herren Brettspiele. Völlig entspannt, wie es eben zum größten Teil zugeht in San Francisco.