Kaum jemals erreichen Niederschläge die Tataoca-Wüste im Süden Kolumbiens. Entstanden ist deshalb eine trockene und sengende Landschaft voller verzweigter Canyons, die mit ihren markanten Rot-
und Graufärbungen wie ferne Planeten anmuten. Irdisch sind bloß die riesigen Kakteen, die in der Dämmerung lange Schatten in die kraterhafte Landschaft werfen
Ein paar Pools glitzern in der staubigen Weite der Tatacoa-Wüste, fast wie Wasserlöcher. „Das kühle Nass ist hier heiß begehrt“, sagt unser Guide Felipe, der uns in der Stadt Neiva abgeholt hat. „Die Pools sind immer sehr beliebt.“ In der unendlichen Ebene wirken die Becken streichholzschachtelgroß. Sie sind randvoll mit Menschen, die sich den Staub der Wüste abwaschen.
Wir sind im Süden Kolumbiens, 350 Kilometer von Bogotá entfernt. Die Wüstenstadt Neiva besitzt einen Flughafen, den kleine Maschinen voller Touristen ansteuern. Neiva ist eine der wichtigsten Städte für den Tourismus: Hier ragt nicht nur ein Vulkan in die Höhe, ein archäologischer Park wartet auch – genau wie ein Museum voller Dinosaurier. Und eben die Tatacoa-Wüste, wegen der ich hier bin. Gegen neun Uhr haben wir Neiva und sein prähistorisches Riesenfaultier – ein Megatarium – verlassen und sind etwa eine Stunde gefahren.
40 Kilometer entfernt von Neiva liegt die Wüste. „Die aride Landschaft der Tatacoa liegt in einem Trockenbecken, das selten von Niederschlag benetzt wird“, so Felipe. Hier ragen Kaktusse in die Höhe, deren stachelige und doch reichhaltige Früchte hier mit die einzige Nahrungsquelle sind. Ein geierartiger Vogel sitzt auf einem Felsvorsprung und wirkt wie aus einem Lucky-Luke-Comic entsprungen. Bizarr anmutende, verrenkte Bäume spenden ein wenig Schatten. Die Erosion hat kleine Canyons in die rostrote Landschaft gegraben. Alles erinnert ein wenig an die flirrende Hitze des bekannten Arizona. Oder eben an den Mars mit seinen Kratern.
Wir spazieren etwa zwei Stunden durch sengende Hitze und glühende Röte. Felipe erzählt vom Eisenoxid, das die Landschaft glutrot färbt. Je nach Licht ergeben sich hier die beeindruckendsten Motive: „Besonders bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang wirkt die Landschaft surreal“, so Felipe.
Bevor die Sonne im Zenit steht, verlassen wir die staubigen Canyons und gehen Mittagessen. Um das holzverkleidete Restaurant hoppelt ein einziges Kaninchen. Eine Kuh trottet hinter den Touristen her. Die beiden sind nicht die einzigen tierischen Bewohner der Wüste: Die Tatacoa ist Heimat von Skorpionen, Fledermäusen, Spinnen, Eidechsen und anderen Wirbellosen. Ihren Namen hat die Wüste übrigens von einer Schlange, die mittlerweile aber ausgerottet ist.
Nach dem Essen: Pool. Und danach: Der graue Teil der Wüste. Die Tatacoa besteht nämlich vorwiegend aus zwei Farben, die erstaunlich klar getrennt sind – rot und grau. Mars und Mond. Auch hier schlängeln sich Furchen und Krater durch das Gestein. Es wird merklich kühler gegen Abend: Von einer Sekunde zur anderen ist es nachtschwarz und die Sterne glänzen am Firmament. Ein voller Mond geht langsam auf, sodass die Kakteen lange Schatten in die kraterhafte Landschaft werfen. Wäre dies nicht der Fall, könnte man die Tour fast mit einem Spaziergang im All verwechseln…