Der Großstadtdschungel Kolumbiens mag anstrengend und gefährlich sein. Die Hauptstadt Bogotá bietet aber auch viel Gelegenheit zum Durchatmen –
dank einem einzigartigen botanischen Garten, dem Hausberg Monserrate und dem nahen Hochland
Bogotá begrüßt mich klassisch: Auf dem Plaza de Bolívar strecken mir zwei gesattelte Lamas ihre zotteligen Hintern entgegen. „Bienvenido a Colombia“, ruft es von links und ein Verkäufer versucht, mich von dem Inhalt seines Bauchladens zu überzeugen. Ein Schwarm Vögel erhebt sich und landet rund um die mächtigen Kirchen und Kolonialbauten. Glocken läuten zum Gottesdienst, junge Menschen flanieren auf dem Kopfsteinpflaster.
Der Plaza de Bolívar ist der zentrale Platz in La Candelaria, Bogotá. Das historische Viertel ist eine der am besten erhaltenen Altstädte in Lateinamerika: Hier drängen sich bemalte, karibisch anmutende Häuser um katholische Kirchen aus der Kolonialzeit. La Candelaria gilt als Künstler-Viertel, in dem Musiker und „Intellektuelle“ der Uni zusammenkommen, um im Herzen der Hauptstadt zu feiern. Das Viertel ist umschlossen vom Stadtbezirk Santa Fe und dem Hausberg Monserrate.
Hinter diesem bunten Treiben aber liegt eine Welt, die mit dem lässigen und entspannten Bohème-Quartier
kaum etwas zu tun hat. La Candelaria ist eine Insel inmitten einer Hauptstadt, die nach wie vor zu den gefährlichsten der Welt gehört. Die Kriminalität zwar generell ruckläufig in Kolumbien, auch
dank Backpacker und Touristen. Paramilitärische Drogenbanden besitzen nach wie vor viel Macht, vor allem in den Slums. Im ganzen Land heißt es trotz positiver Entwicklung: besonders aufpassen –
besonders nachts.
An diesem gemütlich vor sich hin treibenden Vormittag scheint alles ruhig.
Ich lasse die Lamas und die Kirchen links liegen und fahre mit der Seilbahn auf den Berg Monserrate. Hier oben läuten ebenfalls die Glocken zum Gottesdienst. Nebel wabert um die vom Rege feuchte, dichte Vegetation. Unter mir erstreckt sich die riesige, im Dunst liegende Stadt, der ich hier oben entkommen kann.
Zurück in Bogotá nehme ich mir ein Taxi zum Botanischen Garten. Kolumbien ist nach Brasilien das artenreichste Land der Erde. Im Jardín Botanico kommt die gesamte Flora zusammen. Aus dem küstennahen La Guajira über die Moore des Andenhochlandes bis in das Amazonasbecken: alle Pflanzenarten finden Platz in den Gewächshäusern und Gärten. Eine sehr gute Einstimmung für den morgigen Tag: eine Wanderung zum Chorrera, dem höchsten Wasserfall Kolumbiens.
Guide Jenny holt mich und einen anderen Deutschen in einem Hostel ab. Sie spricht perfekt englisch, weil sie in Bogotá in einer zweisprachigen Schule war. Gemeinsam kurven wir durch die bergige Straße bis zur Hochebene von Cruz verde, einem sogenannten páramo. „Ein baumloses Hochland, das sehr oft in den Anden vorkommt“, erklärt Jenny. Wir halten in einer Kurve und sie deutet auf spitz zulaufende, aloe-artige Pflanzen: „Die Espeletia speichern Wasser und geben es auch an den Boden ab. Sie sind sehr wichtig für das Ökosystem und den Wasserkreislauf.“
Wasser – davon gibt es auch auf der nahen Wanderung durch den Andenwald reichlich. Pferde und Kühe kämpfen sich durch schlammige Wege, Regen rinnt die Blätter herab. Es ist Ende August, kurz vor der zweiten Regenzeit. Highlight der Wanderung durch das dichte Blätterdach ist der sprühende Wasserfall La Chorrera, dessen Wassermassen aus 590 Metern Höhe niederprasseln. Auch im Wald entkommt man dem Großstadtdschungel…
Gibt es einen Ort in Kolumbien, wo Wasser nicht omnipräsent ist? Ja: In der Tatacoa Wüste warten staubige Wege und riesige, schuppige Relikte aus der Urzeit…
Infos
Monserrate: Seilbahn ab La Candelaria, ca. 20000 Pesos für Hin- und Rückfahrt (ca. 6 €)
Botanischer Garten: Av José Celestino Mutis
#68-95, Bogotá, geringer Eintrittspreis
Wanderung zum Wasserfall z.B. über GetYourGuide oder einen lokalen Anbieter, Wanderung ca. drei Stunden, teils unebenes Gelände