Ein Königreich voller dichtem Urwald, faszinierenden Unterwasserwelten und vergessenen Tempelstädten, die über Jahrhunderte eins mit dem Dschungel wurden.
Aber auch eines der ärmsten Länder der Welt, das sein Kriegstrauma nur langsam überwindet.
Schönes und Schreckliches liegen in Kambodscha nah beieinander. Eine
Grenze gibt es oft gar nicht: heilige Stätten, von Müll umgeben. Elefanten, die neben einem malerischen Wasserfall darauf warten, Touristen durch den Dschungel zu tragen. Kinder, die um
Tempelruinen ziehen und betteln, statt in die Schule zu gehen –
während ein paar Meter weiter Opfer von Landminen Geld
sammeln.
Eine Reise quer durchs Land, vorbei an uralten Tempeln und seltenen Flussdelfinen, mit einem tropischen Paradies als Endpunkt.
Inhalt
Kambodscha blickt auf eine harte Geschichte zurück und kämpft deshalb gegen extreme Armut.
Das Land wurde zuerst in den Vietnam-Krieg verwickelt und litt dann unter der Terrorherrschaft der Roten Khmer.
Doch nicht immer war Kambodscha so von Armut gezeichnet wie heute. Tatsächlich war das Khmer-Reich im elften Jahrhundert mit China zusammen das mächtigste Imperium Asiens.
Der damalige König Jasowarman ließ zahlreiche Bewässerungsanlagen und Stauseen errichten, sodass eine Reisernte bis zu dreimal im Jahr möglich war. Der gewonnene Reis machte das Land sehr reich, da er an die Nachbarländer verkauft wurde. Mit dem Geld errichteten die Khmer die bis heute größte Tempelanlange der Welt und eroberten weite Teile von Laos, Thailand, Vietnam und Malaysia. Zentrum ihres Reiches war Angkor Wat, „die Stadt, die ein Tempel ist“. Die Tempelanlange war dem hinduistischen Gott Vishnu geweiht. Die Khmer-Könige glaubten, sie seien Inkarnation oder Vertreter eines Gottes auf Erden – und damit in ihrer Macht uneingeschränkt.
Angkor Wat war Mittelpunkt einer riesigen Anlage von rund 200 Quadratkilometern Fläche und über 200 weiteren Tempeln, mit denen die Khmer-Könige ihre Macht symbolisierten oder ihre Vorfahren verehrten.
Die Tempel waren aber nicht nur Heimat der Herrscher. In und um Angkor Wat wohnten damals bis zu eine Million Menschen. Damit war die Stadt im zwölften Jahrhundert eine der größten Weltstädte – bis das Khmer-Imperium im 15. Jahrhundert unterging. Warum, ist bis heute Gegenstand unterschiedlicher Theorien. Eine davon besagt, das Land habe unter extremen Klimaschwankungen und Dürren gelitten, was der Landwirtschaft und damit dem Reichtum des Imperiums schadete.
Angkor geriet in Vergessenheit – und so machte sich der Urwald die Tempel zu eigen. Über Jahrhunderte überwucherte die Vegetation die Steine, bis beides eins wurde. Heute wirkt es so, als hätten Stein und Dschungel schon immer zusammen gehört – die knorrigen Wurzeln, die den Stein umspannen, der Efeu, der aus den Spalten kriecht, ganze Bäume, die aus dem Stein herausragen.
Es gibt zwei klassische Touren, um die Tempel zu besuchen. Die „kleine Tour“ beinhaltet Angkor Wat, Angkor Thom, Ta Prohm (Kulisse eines Lara-Croft-Films) und andere bedeutende Tempel. Die „große Tour“ führt zu Pre Rup, Ta Som, Neak Pean und anderen.
Zwischen den Tempeln sammeln Opfer von Landminen Geld. Sobald man etwas spendet, beginnen sie, Musik zu spielen. Diesen Gruppen habe ich sehr gerne etwas
geben –
anders ist es mit den bettelnden Kindern, die zwischen den Tempeln Souvenirs verkaufen. Auch, wenn ihr Anblick einem fast das Herz bricht: Man tut besser daran, ihnen
nichts zu geben. Ein vertrauenswürdiger Guide erklärt: „Je mehr Geld sie bekommen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie mal in die Schule gehen.“ Traurig, aber leider auch logisch.
Anreise: Von Phnom Penh aus mit dem Bus oder Flugzeug. Vor Ort fährt man entweder mit einem Tuk-Tuk oder schließt sich einer organisierten Tour an.
Tickets gibt es in drei Varianten; für einen, für drei oder für sieben Tage. Die meisten entscheiden sich für ein Drei-Tages-Ticket für knapp 40 Dollar. Es lohnt sich aber auch, ein längeres Ticket zu nehmen und noch Ausflüge zu entfernteren Zielen zu machen, zum Beispiel zum Banteay Srei.
Die Tempelruinen sind aber nicht das einzig Sehenswerte rund um Siem Reap. Auch eine Tour zum „Heiligen Berg“ Phnom Kulen lohnt sich. Unser Guide erklärt, warum der Berg im Buddhismus und Hinduismus als heilig gilt: „Hier entspringt ein Flusslauf. Uns erinnert das an den Ganges, dessen Quelle im im heiligen Himalaya liegt.“
Im Flusslauf ist eine archäologische Stätte, der „Fluss der tausend Lingas“: Während dem Khmer-Imperium wurden hier in die Steine im Wasser religiöse Figuren geschnitzt.
Auf dem Berg ist außerdem ein schöner Tempel mit einem liegenden Buddha darin. Der Blick vom Berg auf den umliegenden Dschungel ist atemberaubend. Auf dem Rückweg halten wir an einem überfüllten, aber trotzdem schönen Wasserfall, vor dem man baden kann.
Von Siem Reap fahre ich dem Bus nach Kratie, Hauptstadt der Irawadi-Flussdelfine.
Reisen in Kambodscha kann unangenehm werden. Abfahrtszeiten von Bussen sind nur sehr grobe Richtwerte. Auch die Fahrt nach Kratie geht erst ein paar Stunden nach der angekündigten Zeit los. Gefühlt alle paar Meter wird gehalten, um Personen oder Ladung aufzunehmen. So dauert die Fahrt von 300 Kilometern rund acht Stunden. Unterwegs werden wir nicht darüber informiert, wo wir uns gerade befinden, und auf Hälfte der Strecke werden wir in einen Minivan umgeladen.
Den knappen Platz teilen sich ein paar gackernde Hühner, acht weitere Menschen und ein Motorroller, der in den Kofferraum gestopft wurde und eigentlich nicht reinpasst, sodass der Lenker mir quasi im Gesicht hängt. Es ist also wirklich... kuschelig.
Auch auf so etwas sollte man vor einer Kambodscha-Reise vorbereitet sein. Auf jeden Fall hat man genug Zeit, die kambodschanische Landschaft mit ihren Zucker- und Kokospalmen, den Bananenstauden und dem Mekong auf sich wirken zu lassen – und den Rest sieht man mit Humor.
In Kratie angekommen, werden wir von Tuk-Tuk-Fahrern bestürmt. Alle wollen die „Neuen“ zur Unterkunft fahren, die in der Regel jedoch fünf Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt ist. In der Unterkunft kann man Ausflüge zu den Flussdelfinen buchen – auch Kajak-Fahren ist möglich. Der Tourismus ist in erster Linie ein Segen für die Delfine. Denn die Tiere sind vom Aussterben bedroht. Hauptsächlich die Fischerei hat dazu geführt, dass es nur noch knapp einhundert der Tiere gibt.
Kambodscha hat eine Schutzzone für die Tiere eingerichtet, die von Kratie bis zur laotischen Grenze reicht. Natürlich kann man argumentieren, dass Boote voller
Touristen die Tiere eher stören – Fakt ist aber, dass die Population
wieder steigt, seit die Tiere so im Fokus des Tourismus stehen. Außerdem müssen die Bootsfahrer einen großen Abstand zu den Tieren einhalten und den Motor des Bootes ausschalten,
sobald sie ihnen nahe sind. Die Delfine schaffen Arbeitsplätze – für Tuk-Tuk-Fahrer und Bootsmänner, Betreiber von Unterkünften, in der Gastronomie.
Ohne den Tourismus würde die Fischerei wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Die Fischernetze, die den Tieren so schaden und die dank dem Tourismus immer
weniger werden, würden wieder vermehrt eingesetzt. Denn verständlicherweise hat für die Einheimischen, die ohnehin von Armut gebeutelt sind, ihr Lebensunterhalt und nicht das Wohl der
Flussdelfine Priorität.
Nach langem Hin- und Herüberlegen entschließe ich mich dafür, die Delfine zu besuchen. Und ich bereue es nicht, auch wenn wir nur die Finne der „Flussschweine“ (wie
die Tiere auch genannt werden) sehen, da die Delfine nicht springen.
Eine Fahrt durch den Dschungel und ein Ausflug auf dem ruhigen Mekong mit seinem Wasser, das in der Sonne glitzert, ist bereits schön. Die Tiere aber sind das große
Highlight –
und man kommt ihnen wirklich nahe genug.
Auf dem Rückweg bietet unser Tuk-Tuk-Fahrer an, bei einem „Bergtempel“ zu halten. Der Phnom Sombok ist ein sehr schöner Tempel. Er liegt auf einem Hügel, den man über eine lange und relativ steile Treppe erklimmt. Der Ausblick auf den Mekong und die Landschaft lohnt sich aber. Leider hat sich um die heilige Stätte sehr viel Müll angesammelt. Vermutlich wurde er von Touristen zurückgelassen, die ihn nicht wieder herunter schleppen wollten.
Wichtig: In den Bäumen um den Tempel sind Affen, die angeblich sehr aggressiv werden können. Auch Schlangen können sich im Unterholz verstecken. Und man sollte vorher mit dem Fahrer besprechen, ob man den Tempel sehen möchte und ob das schon im Preis inbegriffen ist. Unser Fahrer wollte damals trotz vorher vereinbartem Preis einen saftigen Zuschlag, weil wir ja noch den Tempel gesehen hatten.
Kratie lohnt sich aber nicht nur der Delfine wegen - die Mekong-Insel Koh Trong ist sehr empfehlenswert. Mit der Fähre schippert man auf die kleine Insel und erkundet sie gemütlich mit dem Fahrrad. Es geht vorbei an grasenden Ochsen, Mönchen in orangefarbenen Gewändern, die sich um die Reisfelder kümmern, und Baumhäusern. Die Sandinsel wirkt wie aus der Zeit gefallen - und ist eine willkommene Abwechslung zum sehr vollen und lauten Kambodscha.
Noch ein Tipp für Kratie: Direkt an der Anlagestelle der Fähre nach Koh Trong gibt es ein sehr gutes Café mit leckeren Pfannkuchen und schönstem Mekong-Blick.
Nach Kratie geht es weiter Richtung Nordosten in den Dschungel rund um Ban Lung, danach auf eine (fast) einsame Insel. Mehr über das Leben in Baumhäusern und Schnorcheln in tropischen Unterwasserparadiesen hier.