Die Terrorherrschaft der Roten Khmer

Ein Besuch der Gedenkstätten in Phnom Penh

Nichts kann auf das Grauen der Genozid-Gedenkstätten in Phnom Penh vorbereiten. Nichts kann verhindern, dass man hier von Trauer, Wut und Unverständnis übermannt wird.

Doch wer sich in der kambodschanischen Hauptstadt aufhält, sollte das Foltergefängnis S-21 sowie die Killing Fields

Choeung Ek besuchen. Denn die Schreckenstaten der Roten Khmer dürfen nie vergessen werden.

Ideologie der Roten Khmer

Die Terrorherrschaft der Roten Khmer geht zurück ins Paris der Fünfziger Jahre. Pol Pot, der Anführer, studierte dort für einige Zeit. Er gründete hier eine kommunistische Studentenvereinigung, aus der die späteren Anführer hervorgingen. 

Zurück in der Heimat, mussten Pol Pot und mehrere seiner Gefährten während der kambodschanischen Studentenrevolte 1963 untertauchen. Sie begannen, sich "Rote Khmer" zu nennen und eine Armee aufzubauen. 1975 gelang es den Roten Khmer, an die Macht zu kommen.

Ein Aufruf an der Gedenkstätte Choeung Ek.
Ein Aufruf an der Gedenkstätte Choeung Ek.

Pol Pot gab allem Urbanen die Schuld an der Armut seines Landes. So wollte er ein kommunistisches System ins Leben rufen, in der lediglich die Landwirtschaft eine Rolle spielte. Alle Städte wurden evakuiert, die Menschen wurden zu Feldarbeit gezwungen. Religion, Geld und Privatbesitz wurde verboten, Schulen und Betriebe geschlossen.

Die Roten Khmer verfolgten, folterten und mordeten Millionen Menschen während ihrer Herrschaft. 

Warum? Alles konnte ein Grund sein. Die Roten Khmer machten keine Unterschiede zwischen Jung oder Alt, Buddhist oder Christ, Chinese oder Vietnamese – jeder konnte Kriterien erfüllen, die in ihrer paranoischen Ideologie Folter und Mord rechtfertigten. 

Feinde des Regimes waren alle, die musikalisch waren. Oder religiös. Gebildet. Alle, die eine Fremdsprache konnten. Allein wer eine Brille trug, galt als intellektuell – und damit unerwünscht im Agrarstaat.

Tuol Sleng - das Foltergefängnis

Ihre Opfer folterten die Roten Khmer in Gefängnissen. Auch im Tuol Sleng in Phnom Penh, dem „Sicherheitsgefängnis 21“. Meistens wurde die ganze Familie eines Gefangenen inhaftiert, da die Roten Khmer Angst vor Rache von Familienmitgliedern hatten. So kamen unzählige Kinder in den Gefängnissen ums Leben.

Das Toul Sleng überlebten nach Angaben der Gedenkstätte des Foltergefängnisses sieben Insassen - von etwa 14.000.

Vor den Roten Khmer war das Gebäude ein Schulhaus. Wo früher Kinder gespielt und gelacht hatten, wurden hier während ihrer Herrschaft Menschen auf grausamste Weise gefoltert.  Mit Elektroschocks, Daumenschrauben, Galgen - und die Liste ist noch viel länger.

Außerdem wurden an den Menschen medizinische Experimente durchgeführt. Oder ihnen wurde Blut entnommen, um schnelle Bluttransfusionen für verwundete Rote Khmer zu gewährleisten. Nicht selten starben ihre Opfer an diesen gewaltsamen Transfusionen. 

Im Gefängnis sieht man heute neben Folterwerkzeugen und Bilder der Ermordeten auch Zeichnungen von Überlebenden. Chum Mey, einer der sieben Überlebenden, ist regelmäßig im Gefängnis, wo er seine Biographie "Survivor" für Besucher signiert. 

Der Galgen im Innenhof des Foltergefängnisses S-21.
Der Galgen im Innenhof des Foltergefängnisses S-21.
Gefängniszellen im Foltergefängnis.
Gefängniszellen im Foltergefängnis.

Killing Fields

Wer im Toul-Sleng-Gefängnis inhaftiert wurde und nicht starb, wurde danach auf den Killing Fields in Choeung Ek ermordet. Choeung Ek bei Phnom Penh ist heute das bekannteste der mehr als 300 Stätten, an denen die Roten Khmer systematisch Tausende von Menschen ermordeten. 

Allein in Choeung Ek wurden bis zu 17.000 Menschen umgebracht. Um Munition zu sparen, wurden die Todgeweihten  nicht erschossen. Sie wurden mit Bajonetten erstochen, Äxten erschlagen oder mit geschärften Palmenblättern getötet, indem man ihnen damit die Kehle durchschnitt. Frauen wurden absichtlich gedemütigt, indem man sie entkleidete, bevor man sie ermordete. Kinder wurden gegen Bäume geschlagen, bis sie tot waren. 

Die Toten wurden in Massengräbern verscharrt, die heute noch sichtbar sind. Durch stark Regenfälle kommen immer noch Kleidung und Knochenreste aus dem Boden. Diese werden von den Mitarbeitern der Gedenkstätte alle paar Monate eingesammelt. Totenschädel werden zum Teil in einem buddhistischen Gedenkstupa aufbewahrt. 

In knapp vier Jahren fielen den Roten Khmer circa eine bis zwei Millionen Menschen zum Opfer. Sie starben in Gefängnissen, auf den Killing Fields, an Unterernährung oder durch Erschöpfung während harter Zwangsarbeit. 

Somit starb fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung unter der Terrorherrschaft. Zwei der Anführer sind bislang verurteilt worden.

 

Info

Das Tuol Sleng Genocid Museum (S-21 Gefängnis) liegt in Phnom Penh.  Choeung Ek liegt circa 15 Kilometer davon entfernt.
Es gibt Touren, die man online oder vor Ort buchen kann, die beide Gedenkstätten anfahren. Man kann sich aber auch ein Tuk-Tuk nehmen. Im Museum kann man auf Wunsch bei einer Führung mitlaufen, bei den Killing Fields erhält man einen Audioguide, auf dem auch Zeitzeugen erzählen. Buchempfehlung: "First they killed my father" von Loung Ung.