Wer lernen möchte, das Leben in vollen Zügen zu genießen, fängt am besten in Tel Aviv an. Die
überwiegend jungen Israelis machen es vor: Kaum eine Stadt sprüht so vor Lebensfreude, Kreativität, Weltoffenheit und jugendlicher Sorglosigkeit.
Hier kann man sich außerdem darauf einstellen, was der Rest des Landes zu bieten hat. Moderne Wolkenkratzer liegen nur einen Katzensprung entfernt von jahrtausendealten Häfen, um die sich
griechische und biblische Geschichten ranken.
Ein paar Kilometer weiter gibt die „Weiße Stadt“ eine Vorstellung davon, wie Tel Aviv in ihrer Anfangszeit aussah.
Kurz: An jeder Ecke wird man von der hoch industrialisierten Gegenwart in die Vergangenheit zurückversetzt, wie überall in Israel.
Ausgangspunkt des Spazierganges ist der „Banana Beach“, ein
Strandabschnitt der insgesamt 14 Kilometer langen Strandpromenade „Tayelet“.
Sobald Wind aufkommt und die Sonne scheint, tummeln sich hier Kitesurfer. Selbst im Februar, wenn das Wasser noch eisig kalt ist. Damit spiegeln die Surfer die
allgemeine Lebenseinstellung der jungen Israelis wider: Kalte Temperaturen spielen keine Rolle, wenn es darum geht, das Leben zu genießen.
Im Sommer schlürft man hier übrigens gemütlich Cocktails, um sich auf die kommende Partynacht einzustimmen.
Es geht nach Süden, Richtung Jaffa. Schon während dem Laufen fällt der
Blick immer wieder vom Meer auf die Altstadt und die St. Peterskirche - das Bild wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Jaffa ist nicht nur die Altstadt Tel Avivs, sondern gilt auch als älteste Stadt am Mittelmeer. Griechische und biblische Sagen ranken sich um Jaffa: Andromeda soll
hier einst von Poseidon an einen Felsen gebunden worden sein, da sie einem Seeungeheuer geopfert werden sollte. Doch Perseus eilte auf den geflügelten Sandalen des Hermes herbei und rettete sie.
Die Felsen aus der Überlieferung sieht man heute noch im Meer.
Auch der Prophet Jona hatte nochmal Glück: Er handelte entgegen Gottes Anweisungen, verließ Jaffa und wurde von einem Wal verschluckt. Doch Gott verzieh ihm - Jona
wurde wieder ausgespuckt.
In Jaffa steht außerdem die „Wishing Bridge“: Einer Legende nach sollen hier Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man sein Sternzeichen auf den Holzgeländern berührt und dabei Richtung Meer blickt.
Unterhalb der Brücke steht der berühmte „Clock Tower“, ein Überbleibsel
aus osmanischer Herrschaft. Sultan Abdul Hamid II ließ ihn zum Zeichen seines Sieges errichten. Symbolhaft sollte die Uhr ein neues Zeitalter einläuten. Die Städte seines Imperiums richteten sich
nun nach westlichem Zeitplan.
Eine weniger imperialistische Geschichte erzählt, ein jüdischer Ladenbesitzer habe sie errichtet: Ihm gingen Besucher auf die Nerven, die auf dem Weg zum
Bahnhof waren - und nur die Uhrzeit von ihm wissen wollten.
Was stimmt nun? Wer es genau wissen möchte, nimmt am besten an einer der kostenlosen Touren durch Jaffa teil, die mittwochs um 9.30 Uhr hier starten. Danach bietet
sich ein Besuch des berühmten Flohmarktes an, der hier täglich außer samstags stattfindet.
Von Jaffa geht es nun wieder Richtung Norden zum Rothschild Boulevard. Dabei läuft man auf der Kaufmann Street vorbei am historischen Bahnhof "HaTachana". Rund um den Bahnhof reihen sich heute Restaurants und schicke Boutiquen aneinander.
Der Rothschild Boulevard ist eine der belebtesten Flaniermeilen Tel Avivs.
Hier entstanden in den ab den Dreißiger Jahren zahlreiche Häuser im Bauhaus- oder Internationalem Stil.
Diese Bauweise zeichnet sich durch Schlichtheit, Funktionalität und Minimalismus aus. Erbaut wurden die meist weißen Häuser von bedeutenden Architekten aus Europa,
die vor den Nazis flüchten mussten und sich hier verwirklichten.
Die Häuser sollten praktisch sein und dabei gut aussehen. Sie haben meist abgerundete Ecken und flache Dächer. Außerdem hat jede Wohnung einen Balkon. Dieser war
den Architekten besonders wichtig - steht er doch symbolhaft auch dafür, dass Juden sich nicht mehr verstecken müssen wie in Europa, sondern sich ganz offen zeigen können.
Seit 2003 gehört die „Weiße Stadt“ zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Am besten startet man auf dem Rothschild Boulevard an der „Independence Hall“, wo 1948 die Israelische Unabhängigkeitserklärung verabschiedet wurde. Dann läuft man den Boulevard runter bis zum Dizengoff-Platz. Dort liegen Meisterwerke des Bauhaus-Stils wie das „Hotel Cinema“, das frühere Esther-Kino.
Letzter Punkt dieses Spazierganges ist der „Carmel Markt“ unterhalb des Rothschild Boulevards. Auf dem Weg dorthin bietet sich eine Pause im „Meir Park" an, eine der beliebtesten Grünanlagen Tel Avivs.
Frisch ausgeruht geht es dann weiter mit Shopping auf dem „Carmel Markt“ – oder man lässt sich einfach treiben. Kulinariker finden hier alles, was das Herz begehrt: frisches Obst und Gemüse, Gewürze, Käse und Kaffee.
Wer nach dem langen Spaziergang mit vielen Eindrücken hungrig ist, deckt sich hier ein mit orientalischen Spezialitäten wie Falafel, Spinattaschen oder Schawarma. Der Tag klingt gemütlich dort aus, wo er begonnen hat: am Strand.
Route: Banana Beach - St. Peter's Church Jaffa - Rothschild Boulevard - Meir Park - Carmel Market