Die Camargue gilt als Savanne Frankreichs. Hier existiert noch raue, unberührte Wildnis zwischen staubigen Pisten, Salzfeldern und Sumpfgebieten. Halbwilde Pferde tummeln sich neben Stieren und pinken Flamingos. Wie könnte man diese Weite aus Steppe und Wasser besser erkunden als zu Pferd?
Als wir den Sumpf durchqueren, spritzt das Wasser nach allen Seiten. Das Pferd arbeitet sich durch den kniehohen marais und muss die Beine hoch anheben. So pflügen wir uns durch die glitzernde Weite aus Wasser und Pflanzen.
„Flamants roses à droite“, ruft plötzlich unsere Guide, eine junge Französin mit hüftlangem Haar. Sie zeigt mit der einen Hand nach rechts und hält gleichzeitig mit der anderen ihren Hut fest, damit er nicht von der salzigen Seeluft weggeweht wird. Und tatsächlich: Nur ein paar Meter entfernt staksen leuchtend pinke Flamingos mit gebogenen Hälsen durchs Wasser. Als wir näherkommen und das Wasser in alle Richtungen peitscht, erhebt sich die gesamte Schar kreischend und fliegt mit weit ausgebreiteten Flügeln von uns weg.
Die Camargue bietet eine unvergleichliche Flora und Fauna. Das Sumpf- und Schilfgebiet ist Heimat von über 300 seltenen Vogelarten. Die Brutkolonie der Flamingos ist die größte in Europa.
Und natürlich ist die Camargue berühmt für ihr Fleur de sel: Es kristallisiert sich an an besonders heißen Tagen an der Wasseroberfläche heraus und wird mit Holzlöffeln abgeschöpft.
Nachdem wir den Sumpf durchquert haben, wartet gleich das nächste Wahrzeichen der Camargue auf uns: Pechschwarze Stiere dösen hinter einem Zaun auf einer Koppel. An diesem heißen Tag zucken ab und zu ihre Ohren oder ihr Schwanz, um die Fliegen zu verscheuchen. Ansonsten liegen sie ruhig und friedlich da und lassen sich von uns und den Pferden beobachten. Die Camargue ist aber auch bekannt für ihre Stierkämpfe, bei denen sich die Tiere von ihrer agilen Seite zeigen: Anders als beim spanischen Stierkampf geht es den raseteurs bei der „Corsa camarguenca“ darum, dem Stier in Bewegung Bänder abzuknöpfen und so die eigene Geschicklichkeit unter Beweis zu stellen. Diese Kämpfe sind Tradition in der Camargue und existieren seit Jahrhunderten.
Bei uns geht es heute etwas entspannter zu. Wir arbeiten uns durch das Schilf und sehen dabei noch mehr Vögel durch die Kanäle am Wegesrand staksen.
Danach reiten wir Richtung Strand. Wir blicken von den Pferden aus auf das ruhig daliegende Meer, das sich stellenweise im Sonnenlicht kräuselt.
Wir kommen auf einer Piste an, auf der die erfahrenen Reiter galoppieren dürfen. Mein Schimmel – kein Camargue-Pferd, aber fast genauso weiß – lässt sich das nicht zweimal sagen und verfällt in einen zügigen Galopp, sodass der Wind ihm die Mähne zerzaust und mir ums Gesicht peitscht. In diesem Moment zeigt die Camargue, was sie neben einer einzigartigen Flora und Fauna so besonders macht: Hier herrscht vor allem ein wildes Freiheitsgefühl, das die beste Eigenschaft der französischen Savanne ist.
Info
Reiten: In Stes-Maries-de-la-Mer, der Hauptstadt der Camargue, gibt es zahlreiche Anbieter für Reittouren. Der Reiterhof „Les Arnelles
“ ist sehr touristisch (man ist in größeren Gruppen unterwegs). Es ist aber alles gut organisiert und
die Touren sind schön. Erfahrene und unerfahrene Reiter bleiben zusammen, erfahrene Reiter dürfen zwischendurch galoppieren.
Auf den Strandtouren in der Hochsaison hat man Meerblick, geht mit den Pferden aber nicht nah bzw. ins Wasser, da dies nur in der Wintersaison erlaubt ist. Oft begleiten Fotografen die Tour. Die Bilder können anschließend gekauft werden.
Ebenfalls empfehlenswert ist der Hof La Cavale. Wer sich kleinere Gruppen und etwas mehr Individualität wünscht, ist hier richtig: Man setzt mit den Pferden auf einer kleinen Autofähre über die „Petit Rhône“ und reitet dann an Stierweiden vorbei Richtung Strand.